Menschen im Nachbarschaftsheim
Im Porträt: Esra Durak und Ulrike Rupp-Böhnke
AUS DEN NACHBARSCHAFTSINFOS 10/09
„Mama lernt Deutsch.“ so heißt das Lehrbuch, mit dem Esra Durak nun wieder arbeitet. Daraus übt sie Vokabeln und Satzbau, büffelt bestimmte und unbestimmte Artikel. Gerade hat für die türkischstämmige Frau ein neuer Deutschkurs im Nachbarschaftshaus Friedenau, in der Holsteinischen Straße 30, begonnen. Esra Durak und 14 weitere Frauen besuchen den Aufbaulehrgang, die Pädagogin Ulrike Rupp-Böhnke unterrichtet sie in den Räumen des Kidöb-Treffpunkts.
Gerade von praktischen Dingen handeln die Lektionen in dem Lehrbuch, und das gefällt Esra Durak besonders. „Es geht um das Einkaufen, um Kinder und Schule und um die Gesundheit“, erzählt die Frau aus Steglitz. Anfang dieses Jahres begann sie, ebenfalls bei Kidöb, in einem ersten Kurs die deutsche Sprache systematisch zu lernen. Seit vierzehn Jahren lebt sie bereits in Berlin. Sie hat zwei Kinder, die mittlerweile zur Schule gehen. Beide sprechen gut Deutsch, ihr Mann ebenso. Das habe ihr besonders deutlich gemacht, dass sie etwas aufzuholen hat, erläutert sie. „Ich wollte etwas für mich tun.“ In der Schule will Esra Durak zum Beispiel auf Elternabenden mitreden können. „Das ist ein typisches Motiv für viele Frauen, herzukommen“, sagt die Kursleiterin Ulrike Rupp-Böhnke, "genau an diesem Punkt stehen viele unserer Teilnehmerinnen."
Beim Elternabend mitreden
„Ich will alles alleine schaffen.“ Das treibt Esra Durak an, und sie meint damit, dass sie sich ohne Hilfe verständigen will. Sei es beim Arzt, in Geschäften oder mit den Lehrern der Kinder. Genau deshalb mag sie die sehr realitätsnahen Beispiele aus ihrem Sprachbuch so sehr. Einiges hat sie schon während des ersten Kurses schnell anwenden können, sagt sie. Erfolgserlebnisse dieser Art verstärken sich im Fortgeschrittenenkurs ganz erheblich, fügt Ulrike Rupp-Böhnke hinzu. Aus Erfahrung weiß sie das. Die Deutsch-Lehrerin gibt regelmäßig diese Deutschkurse. Sonst unterrichtet sie an einer Grundschule. Daher kennt sie auch den Schulalltag sehr genau, und sie weiß um die Probleme, wenn Migrantenfamilien nur schwer mit Lehrerinnen und Lehrern kommunizieren können. Also übt sie mit den Müttern unter anderem diese speziellen Schul-Situationen. Ein weiteres Buch, das sie gerade an die Teilnehmerinnen verteilt hat, heißt „Schritte 2“. Ein drittes Level der Deutsch-Kurse gibt es ebenfalls, im kommenden Jahr kann Esra Durak dann diese Stunden belegen.
Kooperation mit der Volkshochschule
Im Auftrag der Volkshochschule Tempelhof-Schöneberg finden die Kurse bei Kidöb statt. Parallel zu den Fortgeschrittenen lernen dort derzeit auch wieder Anfängerinnen die deutsche Sprache. Pro Semester kostet ein Kurs 25 Euro für die Teilnehmerinnen. Die Volkshochschule stellt dabei die Lehrkräfte, Kidöb sorgt für die Räume und die Kontakte. Dazu gibt es eine mittlerweile langjährige Kooperationsvereinbarung. Diese erweist sich als sehr günstig, alle profitieren davon. Oft melden sich Mütter für die Sprachkurse an, die den türkischen Frauen-Treffpunkt im Nachbarschaftshaus zuvor schon durch andere Angebote kennen gelernt haben. So gibt es immer genug Nachfrage für die Deutschkurse. Und andererseits kommen manchmal auch Frauen aus den Sprachkursen so überhaupt erst mit Kidöb in Kontakt und nutzen später dort auch andere Angebote. „Meine ältere Tochter geht jetzt hier zum Beispiel in die Hausaufgabenbetreuung“, sagt Esra Durak. Und das sogar drei Mal pro Woche.
Sprachkurse für türkische und arabische Frauen
Autor: Jörg Niendorf