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01.05.2023 / Gewerbe im Kiez

Woodstock Variety Show

Von Christine Bitterwolf. Woodstock 1969 war ein Festival der Hippies für Frieden und Musik. Woodstock ist in die Musik-Geschichte eingegangen. Selbst diejenigen, die damals noch nicht dabei waren, kennen den Sound von damals.
Foto: Christine Bitterwolf

Der Berliner Wintergarten an der Potsdamer Straße in Tiergarten veranstaltet einen ganzen Abend mit der Musik aus Woodstock, Songs von David Crosby, Graham Nash, Janis Joplin, Santana, Joe Cocker, Jimi Hendrix, The Who werden von der Band Chill Factor gespielt. Leider oft zu laut, das liegt sicher im Trend der Zeit, aber es ist doch ein Unterschied, ob die Musik open air ein ganzes Feld beschallen soll oder nur in einem geschlossenen Theaterraum gehört werden muss. Die fünf Sänger, die in der Show auftreten, haben allesamt großartige Stimmen, sie können die Band übertönen, sie können aber auch sehr weich und emotional ihre Lieder zum Ausdruck bringen. Sie treten auf im Stil der 60er Jahre, in bunten Kleidern mit Afrolook-Frisuren oder offenen Haaren, auch die meisten Männer in dieser Show tragen schulterlange Haare. So muss das Feeling von Woodstock gewesen sein, hier braucht es jedoch kein LSD, das Publikum lässt sich einfach mitreißen. Da zucken die Füße, die Hände schlagen den Rhythmus und manch einer lehnt sich mit geschlossenen Augen zurück und singt die Texte leise mit.

Die Videotafeln neben der Bühne zeigen die Bilder aus dem historischen Woodstock, wie das Festival damals stattgefunden hat; Bilder der Stars, die aufgetreten sind, Bilder von Zuschauern, die sich zusammenfanden, und auch Bilder vom Vietnamkrieg, gegen den protestiert wurde; make love not war.

Auf der Wintergarten-Bühne beeindruckt Max Buskohl mit seinen Rocksongs und Gitarrenspiel. Chrsto (Christopher Ciraulo) agiert wie in einer eignen Show mit Gestik und Körpereinsatz so, dass er jederzeit auf der Bühne präsent zu sein scheint. Daneben kann auch Achan Malonda mit ihrer kraftvollen Stimme die ganze Bühne füllen. Ebenso überzeugend sind Vanessa S. und Emanuel Dore mit ihren Solo-Auftritten.
Gelegentlich wird die Bühne in weißen Nebel getaucht, die Band verschwindet im Hintergrund, die Künstler stehen allein im Mittelpunkt. Es ist eine großartige Musik-Show.

Wie in jeder Varieté-Show, dürfen natürlich neben der Musik, die diesmal das Thema vorgibt, die Artisten nicht fehlen. Auch hier tritt im Wintergarten eine Auswahl von erstklassigen Akrobaten auf. Victoriia Dziuba präsentiert ihre Kontorsionskunst auf einer zwei Meter hohen Stange. Sie verbiegt und dreht dabei im Handstand ihren Körper so, dass der Zuschauer bald nicht mehr weiß, ob er sie nun von vorne oder von hinten sieht. Auch Fleeky Flanco zeigt als Schlangenmensch wie er seinen Körper auf kleinsten Raum zusammen klappen kann.
Victor Krachinov jongliert mit Bällen und Keulen in hoher Geschwindigkeit zur Musik von Santana. Guillaume Karpowicz dagegen lässt seine Diabolos schwungvoll auf dem Seil und in der Luft tanzen, wobei er sich selbst so wenig wie möglich bewegt. Unterlegt ist diese Kunst mit der Musik von Creedence Clearwater Revival.
Elena und Diego zeigen zur Musik von „Reason to Believe“ eine gemeinsame Geschichte, in der sie immer wieder wie von magischer Hand blitzschnell die Kleider wechseln. Valérie Inertie wird von dem Titel Spinning Wheels von Blood, Sweat and Tears begleitet, während sie den Umgang mit ihrem Reifen, dem Cyr Wheel, zeigt. Dabei dreht sie mal den Reifen, mal dreht sie sich in dem Reifen und mal dreht sich der Reifen mit ihr. Und das alles exakt im Takt der Musik. Bewundernswert!
Viel Schwung bringen die Karpovich Brothers mit ihrer Schleuderbrett-Nummer auf die Bühne. Bezeichnenderweise zur Musik von „Let’s work together“ springen und fliegen sie hoch bis unter den Sternenhimmel des Wintergartens.
Und dann kommt Simone Al Ani, der mit vollkommener Ruhe silberne Ringe und gläserne Kugeln scheinbar schwerelos durch die Luft schweben lässt, mit denen er spielt, bis sie sich ihm widersetzen. Er zeigt perfekte Illusionen. Und ihn begleiten Lieder von Bob Dylan und den Rolling Stones.

So wie die Musik berauschend ist, so sind die zirzensischen Darbietungen beeindruckend. Im Ganzen ist es eine phantastische Show, die unbedingt sehenswert ist.
Das Theater bietet seinem Publikum aber nicht nur eine großartige Bühnen-Show, sondern auch rundum ein perfektes Ambiente.
Wer mit dem Auto oder Taxi vorfährt, wird von dem Doorman in roter Livree begrüßt, der den Wagenschlag aufhält, den Gästen beim Aussteigen behilflich ist und vor dem gefährlichen Radweg warnt. Der Weg bis zum Eingang führt über einen roten Teppich. Drinnen wird der Zuschauer freundlich an seinen Tisch geleitet. Wer nicht vorher im Wintergarten-Restaurant gespeist hat, kann sich im Theatersaal noch einen Snack kommen lassen. Um die Wartezeit vor der Vorstellung und in der Pause zu überbrücken, geht ein Zauberer von Tisch zu Tisch und unterhält die Gäste mit kleinen Tricks wie bunten Blumen aus kleinen Tüchern, leuchtenden Fäden und feurigen Flammen aus einem Notizbuch.
Sogar wer zu den Toiletten in die Unterwelten geht, wird mit Live-Musik unterhalten. Hier sitzt ein Pianist an einem weißen Bechstein Flügel und spielt freundlich  lächelnd seichte Melodien.
Begleitet von solchen Kleinigkeiten wird der Theaterabend im Wintergarten zu einem exklusiven Ereignis. Noch bis Juli 2023.

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