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09.07.2023 / Orte und Plätze

Schöneberger Gasometer

Von Christine Bitterwolf. Vor genau 110 Jahren wurde der Schöneberger Gasometer in Betrieb genommen. Hier konnten 160.000 m3 Gas gespeichert werden, das damals nur für die Straßenbeleuchtung und in den Haushalten genutzt wurde.
Richtfest am Gasometer. Foto: Elfie Hartmann

Das  runde Stahlgerüst, das um den Teleskop-Gasbehälter herumgebaut wurde, ist 78 m hoch. Dieser Gasometer gehörte zu den größten in Europa. Die Gaserzeugung fand vor Ort statt. Seitdem Berlin aber völlig auf Erdgas umgestellt war, hatte die Anlage keine Bedeutung mehr und wurde stillgelegt. Das Gerüst um den ehemaligen Gasbehälter wurde jedoch 1994 unter Denkmalschutz gestellt.
Schon zu Beginn der Bauzeit stieß der Gasometer auf Ablehnung bei der Bevölkerung. Eigentlich sollte er in Friedenau gebaut werden, aber da war der Widerstand so groß, dass die Planung an die Torgauer Straße verlegt wurde. Als während der Bauzeit ein Gerüstteil auf die Gleise der S-Bahn herunterstürzte, waren die Angst vor der neuen Anlage und die Proteste der Anwohner dagegen groß, es kam zu Problemen beim Genehmigungsverfahren und der Gasometer konnte erst mit 3 Jahren Verspätung in Betrieb genommen werden.

2009 wurde im Gasometer eine gläserne Kuppel errichtet, unter der verschiedene Veranstaltungen durchgeführt werden konnten. Da Günter Jauch hier vier Jahre lang seine Polit-Talk-Show moderierte, wurde sie bald unter dem Namen Jauch-Kuppel bekannt. 2021 wurde diese Kuppel wieder abgebaut, um in dem Gasometer ein Bürohaus zu bauen.

Das Stadtgebiet rund um den Gasometer wurde 2007 von der Gasag an die EUREF-AG (Europäisches Energieforum) verkauft. Hier soll die Energiewende für Deutschland erprobt und umgesetzt werden. Ursprünglich war vorgesehen auf dem Gelände eine Energie-Universität einzurichten, aber dazu kam es nicht. Immerhin bietet die TU Berlin seit etwa 10 Jahren in dem sanierten alten Wasserturm mehrere Studiengänge zum Thema Stadt und Energie an.
Inzwischen haben sich auf dem Gelände über 150 Firmen und Forschungseinrichtungen aus den Bereichen Mobilität, Energie und Klimaschutz mit mehr als 5.000 Beschäftigten angesiedelt. Und sie arbeiten mit Erfolg. Seit 2014 hat dieses Stadtgebiet bereits die CO2-Ziele erreicht, die für ganz Deutschland erst für 2045 geplant sind. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass die EUREF-Energiewerkstatt in zwei Blockheizkraftwerken, die mit Biogas betrieben werden, Wärme und Strom für den Euref-Campus produziert. Auf der oberen Kante des Stahlgerüsts am Gasometer wurde eine Windmessanlage installiert, die Teil des intelligenten Stromnetzes auf dem EUREF-Campus ist.

Auch diesmal gab es Proteste aus der Bevölkerung gegen die Bebauung des Gasometers. Allerdings wollte sie jetzt den runden Gerüstbau als Industriedenkmal schützen. Es wurde befürchtet, dass es mit einem eingebauten Hochhaus nicht mehr als solches zu erkennen ist. Dagegen war dem Bezirk die Weiterentwicklung des EUREF Campus und die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtiger.

Am 5.Mai 2023 war es soweit. Das Richtfest für den Büroturm im Gasometer wurde  großartig gefeiert. Dabeisein durften jedoch nur geladene Gäste. Innerhalb des runden Stahlgerüstes, dessen denkmalgerechte Sanierung fast abgeschlossen ist, wurde ein kreisrundes Gebäude mit einer Glasfassade errichtet, so dass es scheint, als würde das alte Gerüst das neue Haus umrahmen.
Der Veranstaltungs-Bereich von 2009 soll zukünftig weiter als Konferenzbereich genutzt werden. In den oberen Etagen entstehen ein Amphitheater und eine Skylounge, mit einem Rund-um-Blick über Berlin, die für alle Berliner zugängig sein wird. Die 12 Büroetagen dazwischen will die Deutsche Bahn für ihre Zukunftsprojekte nutzten. Hier sollen die Bereiche Infrastruktur, Mobilität und Digitalisierung der Bahn zusammengefasst werden.
Zu dem festlichen Akt kamen sowohl der Regierende Bürgermeister Kai Wegner, als auch der Vorstand der EUREF AG Reinhard Müller und der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bahn Dr. Richard Lutz. Die DB will schon 2024 ihre neuen Büroräume mit etwa 2000 Mitarbeitern beziehen und dann den ehemaligen Gas-Tank zum Think-Tank machen.

Der wegen seiner Höhe schon von weitem sichtbare Gasometer soll als Symbol für den EUREF-Campus stehen und zeigen, wie Alt und Neu und Zukunft verbunden werden können.

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