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17.12.2023 / Menschen in Schöneberg

Platz für mehr Platz

Von Ottmar Fischer. In der November-Sitzung der BVV gab es gleich drei Einwohneranträge zur Stadtentwicklung, die von Bürgerinitiativen getragen wurden, deren jeweiliges Wohnumfeld nach ihrer Ansicht verbesserungsbedürftig ist.
Friedrich-Wilhelm-Platz. Foto: Thomas Thieme

Ihre Vertreter begründeten die Anliegen in detailreichen Übersichten, bevor die Fraktionen ihre überwiegend positiven Stellungnahmen dazu abgaben. Der Antrag der BI Friedrich-Wilhelm-Platz wurde angenommen, die beiden anderen wurden in den Verkehrsausschuss überwiesen. Zwar war allen Anträgen gemeinsam, den Straßenverkehr beruhigen zu wollen und den Stadtraum attraktiver zu gestalten. Doch am Friedrich-Wilhelm-Platz fordert der Antrag auch die Stilllegung der gleichnamigen Straße im Westen des Platzes, ihre Entsiegelung und Begrünung, und damit die Erweiterung der bestehenden Planung zur Neugestaltung des Platzes. Die ruht allerdings wegen eines Streits zwischen dem  Bezirksamt und den Architekten des preisgekrönten Entwurfs wegen amtlicher Änderungswünsche.

Der neue Antrag der BI rief allerdings den Widerstand von CDU und FDP auf den Plan. Während Reinhard Frede für die FDP das Vorhaben mit dem Hinweis ablehnte: „Berlin ist kein Dorf und die Bundesallee ist keine Dorfstraße“, hätte die CDU vor der Entscheidung lieber eine Beratung im Ausschuss gesehen, denn betroffen ist auch die BVG, die hier eine Bushaltestelle unterhält, es gibt dort einen Taxenstellplatz sowie gastronomische Betriebe und Geschäfte, die beliefert werden müssen. Es besteht also zweifellos Beratungsbedarf. Doch Ralf Kühne (Grüne) wies darauf hin, dass auch bei einer sofortigen Zustimmung im Ausschuss beraten werden müsse, sodass der Antrag schließlich gegen die Stimmen von CDU und FDP angenommen wurde.

Auch im Akazienkiez gilt das Interesse der Initiatoren verkehrsberuhigenden Maßnahmen, die zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität beitragen sollen. Der eine Hauptpunkt ihres Anliegens will die „Verhinderung des störenden Abkürzungsverkehrs mit schnell umsetzbaren Mitteln wie Dialogsperren und schmalen Einbahnstraßen.“ Der zweite Hauptpunkt zielt auf die Erhöhung der Sicherheit für nichtmotorisierte Verkehrsteilnehmer durch eine Reihe von Einzelmaßnahmen. So soll nach ihren Vorstellungen in einem Abschnitt der Apostel-Paulus-Straße und in der Merseburger Straße ein verkehrsberuhigter Bereich eingerichtet werden. In einem schmalen Bereich der Gleditschstraße soll ausschließlich Fuß- und Radverkehr zugelassen werden. Für die bereits geplante Fahrradstraße in der Belziger Straße sollen sichere Fußquerungen eingerichtet werden. Und in der Vorbergstraße soll Radverkehr in beide Richtungen erlaubt werden. Außerdem wird in einem dritten Hauptpunkt gefordert, zur Förderung des Klimaschutzes im Kiez mindestens 50 neue Straßenbäume zu pflanzen, vergrößerte Baumscheiben einzurichten und beschattete Sitzmöglichkeiten zu schaffen, um besonders in den erwartbaren Hitzeperioden den Aufenthalt im öffentlichen Raum zu verschönern.

Der dritte Einwohnerantrag betrifft den Bereich Manteuffelstraße bis Tempelhofer Damm sowie Alt-Tempelhof. Bis zur Friedrich-Karl-Straße sollen durch verschiedene Maßnahmen mehrere Ziele „im Sinne eines Kiez-Blocks“ erreicht werden: Eine bessere Sichtbarkeit der bereits bestehenden Geschwindigkeitsvorgaben von 30 km/h, sichere Überwege für den Fußverkehr, mehr Übersichtlichkeit durch Einbahnstraßen und am besten gleich der ganze Kiez ohne Durchgangsverkehr. Beide Anträge kamen zunächst in die Ausschuss-Beratung.

Wo in der Bürgerschaft soviel Augenmerk auf der fußläufigen Nutzbarkeit der Kieze ruht, ist der Konflikt mit den Anhängern des motorisierten Verkehrs nicht weit. Wie bei der aktuell in Angriff genommenen Fahrradstraße in der bereits weitgehend vom Durchgangsverkehr entlasteten Handjerystraße zu sehen ist, wo der Wegfall von 130 der 390 Parkplätze auch durch die Anrufung des Verwaltungsgerichts durch die aktive Bürgerschaft nicht zu verhindern war, nimmt der Konflikt weiter Fahrt auf und es wächst die Bedeutung der übrigbleibenden Parkmöglichkeiten. Um den Anwohnern wenigstens ein Vorrecht auf deren Nutzung zu sichern, werden laufend neue Parkraumbewirtschaftungszonen eingerichtet. Auch in Friedenau und in Schöneberg sind soeben wieder zwei neue entstanden. Aber was ist, wenn eine Adresse zwei benachbarten Zonen zugeordnet wurde? Können dann beide genutzt werden?

Ein Anwohner der Grunewaldstraße 79 stellte in der BVV diese Einwohneranfrage, weil seine Wohnung genau an der Schnittstelle der Parkzonen 85 und 88 liegt, die Adresse zwar zur Nutzung beider Zonen berechtigt, ihm aber die Zone 88 zugewiesen wurde.

In ihrer Beantwortung führte Stadträtin Ellenbeck (Grüne) aus, dass in den sogenannten Grenzstraßen „die Anwohnenden der beiden gegenüberliegenden Parkraumbewirtschaftungszonen parken dürfen und somit die Grenze der Zone verdeutlicht wird“. Grundlegend für die Regelung sei ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, wonach es unzulässig ist, „den privilegierten Parkbereich für ein Kfz zum Nachteil anderer Verkehrsteilnehmer auf mehr als eine Parkzone zu erweitern.“ Darüber hinaus habe sich das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg mit der Frage auseinandergesetzt, was bei der gemeinsamen Nutzung eines Kfz durch zwei Personen mit unterschiedlichen Wohnsitzen gelten soll. Entschieden worden sei, dass Bewohnerparkausweise nur für die Zone am Wohnsitz eines der Nutzer auszustellen seien.

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