Zur Orientierung für Menschen mit Behinderungen

03.02.2023 / Menschen in Schöneberg

Kämpfe am Buffet

Von Elfie Hartmann. Während ich hier am PC arbeite, sind sie schon zu sehen. Ganz oben auf dem Dachfirst des Hauses gegenüber sitzen sie. Am Rudolph-Wilde-Park in Schöneberg zu Hause, werde ich um die Mittagszeit herum von da oben aus regelmäßig schärfstens beobachtet.
Foto: Elfie Hartmann

Alles was mir an Getier lieb und vertraut ist oder wurde, sind meine „Mäuselchen“. Meine nachfolgend beschriebenen „Mäuse“ sind zwei Nebelkrähen. Und die sind bekannterweise besonders schlaue, auch zu meinem Leidwesen manchmal leider etwas reichlich aufdringliche, fordernde Feinschmecker. Doch sind sie stets eine willkommene sowie gleichermaßen unterhaltsame Variante zu meinen früher gehaltenen Haustieren. Sie kommunizieren direkt und fast fühlbar, aber eben auf  ihre ganz spezielle und individuelle Weise. Und sie hinterlassen dabei trotzdem das Gefühl von Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit für mich.
Anstatt eines Vogelhäuschens neben Blumenkästen finden sie hier eine stabile runde Plattform vor, die am Rande meiner Loggia sicher verankert ist. Sie haben sozusagen einen festen Landeplatz mit Buffet, das ihnen zu gefallen scheint.

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei meinen gefiederten Dauergästen um zwei stattliche Nebelkrähen, die meine ständigen Besucher sind. Wie sollte ich sie also nennen? Während sie hier jeweils einzeln sitzen und wählerisch im Buffet herumzicken, sind sie permanent hektisch abflugbereit. Ich spreche derweil gerne leise mit ihnen. Und „Mäuselchen“ hört zu, da bin ich sicher. Immer kommen sie gleich zu zweit im Sturzflug geräuschvoll angeschwebt wie kleine gierige Raubvögel. Wenn sie sich dann lautstark auf Krähenart „geeinigt“ haben, wird’s immer wieder richtig spannend. Das bekannte Sprichwort: „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“, wird hier sozusagen bildhaft täglich demonstriert, obwohl es natürlich eine ganz andere Sinngebung hat. Der laut protestierende Verlierer sitzt dann wie ein Wächter auf einem Sims etwas abseits und wartet ab, ohne den Gewinner auch nur einen einzigen Moment aus den Augen zu lassen. Genauso stechend wie unergründlich fixieren sie damit auch die Menschen, doch eben auf Krähenart. Zugegeben, sie sind natürlich nicht sofort zu unterscheiden, oder doch? Was sind aber meine beiden Mäuselchen für beneidenswert geschickte Flieger. Eine wie die andere. Mit verhältnismäßig weiter Flügelspanne ausgestattet, können sie, obwohl nicht wenig geräuschvoll genutzt, auf eine gewisse Art trotzdem sanft anmuten. Sie scheinen zutraulich und gleichermaßen misstrauisch.

(Nicht weitersagen, Elstern sind natürlich hübscher anzuschauen, etwas zierlicher, dazu auch viel eleganter. Und wären mir deswegen auch schon etwas willkommenere Gäste am Buffet, hätte ich die Wahl. Der hier am Entensee im Rudolph-Wilde-Park schon einige Male gesichtete wunderschöne Wiedehopf wäre allerdings die Krönung).

Sowie ich mich vormittags auf der Loggia zeige, hört man wie auf Kommando vom Dach gegenüber das vertraute Krähen. Zu zweit wird umgehend lautstark zum Sturzflug angesetzt. Das Buffet ist sozusagen dann eröffnet. Unterschiedliche Leckerbissen warten, die Bedienung zieht sich zurück. Sogar bei Regenwetter melden sie sich erstaunlicherweise immer von da oben, meine mittlerweile so vertrauten, liebenswerten „Mäuselchen“. Weshalb aber nun unbedingt jede die erste sein muss, wird mir ein Rätsel bleiben. Das Buffet ist übersichtlich, reichhaltig angerichtet und es ist ganz bestimmt genug für die beiden da. Sogar für das Eichhörnchen, das auch schon mal hier beim „Kontrollklettergang“ gesichtet wurde, ist oft noch etwas übrig. Während ich den täglich ausgetragenen Kampf meiner beiden Nebelkrähen um den ersten Platz am „Buffet“ beobachte, assoziiere ich manchmal wohl unbewusst menschliches Verhalten von gewissen Touristen vor gewissen Buffets in gewissen Ferienunterkünften, das nebenbei.
 
Leider sieht man seit längerer Zeit keine jungen Kaninchen mehr im Garten hinter unserem Haus. Sie waren einfach entzückend anzusehen und auch nicht besonders scheu. Das hat der listige Fuchs, der hier seit Jahren in der Dämmerung zielstrebig umher schleicht, wohl inzwischen ausgenutzt. Er sieht nämlich auffallend gut genährt aus. Und ebenso gut genährt sind meine anfangs beschriebenen Nebelkrähen, diese schlauen, zwar etwas streitsüchtigen und doch so liebenswerten Feinschmecker.

Veranstaltungen


Alle Veranstaltungen