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Vom Ehrenamt zur tiefen Freundschaft

Kategorie Ehrenamt, Nachbarschaft, Willkommenskultur

Die Geschichte von Friedhelm und Leopold begann 2019. Hier erzählen sie ihre Geschichte, die fast zu schön ist, um wahr zu sein.

Friedhelm, promovierter Germanist und Sozialarbeiter im Ruhestand, wurde auf das Sprachcafé im Nachbarschaftsheim Schöneberg aufmerksam und kam regelmäßig, um Menschen ehrenamtlich beim Erlernen der deutschen Sprache zu unterstützen. Leopold, ausgebildeter Lehrer und Schulleiter aus Benin, Westafrika, war 2017 nach Deutschland gekommen und wollte seine Sprachkenntnisse verbessern, um beruflich Fuß zu fassen. Hier erzählen sie ihre Geschichte, die fast zu schön ist, um wahr zu sein.

Wie habt ihr euch kennengelernt?

Leopold: „Wir haben uns regelmäßig im Sprachcafé getroffen. Bald merkten wir, dass wir uns gut verstehen und haben uns dann immer gezielt zusammengesetzt. Dann kam Corona, im Sprachcafé traf man sich jetzt online, und wir haben uns dann privat weitergetroffen.“

Wie hat sich der Kontakt im Laufe der Zeit weiterentwickelt?

Leopold: „Es ist nicht bei der sprachlichen Unterstützung geblieben. Ich wollte an einer französischsprachigen Schule als Lehrer arbeiten, meine Zeugnisse waren anerkannt. Friedhelm unterstützte mich im Bewerbungsprozess. Leider hat es nicht geklappt. Dann haben wir eine deutsche Schule ins Auge gefasst. Dafür musste ich Sprachkenntnisse vom Niveau C1 und zwei Semester an einer Hochschule vorweisen. Friedhelm hat mit mir intensiv gearbeitet, B1, B2 habe ich bestanden, C1 habe ich um Haaresbreite verfehlt“.

Friedhelm: „Dann haben wir ein neues Ziel vereinbart, eine Ausbildung als Pflegefachkraft. Es war eine intensive Zeit. Wir haben uns ein- bis zweimal die Woche getroffen und den Lernstoff akribisch vorbereitet. Leopold war sehr sehr fleißig. Trotz vielfältiger Diskriminierung von Seiten der Lehrkräfte und auch der Schülerinnen und Schüler haben wir es durchgezogen. Am Ende hat er das beste Examen seines Jahrgangs geschafft!“


Welche Veränderungen habt ihr durch diese Beziehung erfahren?

Leopold: „Friedhelm kennen zu lernen, war ein Glücksfall für mich. Er hat mich nicht nur sprachlich fit gemacht, sondern auch mein Leben in wichtigen Bereichen positiv verändert. Ich hatte noch vor dem Examen ein Jobangebot in dem Krankenhaus, wo ich die Ausbildung absolviert habe. Ich habe Arbeitszeiten ohne Schichtdienst, alles andere wäre mit meinen 6 Kindern nicht vereinbar gewesen. Friedhelm half mir, meine älteren drei Kinder, die zunächst in Benin geblieben waren, dort aber keine guten Lebensumstände hatten, nachzuholen. Ich war pessimistisch, aber er wollte es versuchen, hat uns Beratung organisiert und mich beim Antrag unterstützt.“

Friedhelm: „Die Verantwortung ist immer größer geworden, nicht nur für die Sprache, auch für die berufliche Entwicklung und für die Familie. Ich habe die Herausforderungen angenommen. Das war manchmal mutig, aber es hat sich am Ende gelohnt!“


Gab es einen besonderen Moment, den ihr gemeinsam erlebt habt?

Leopold: „Der Moment, als meine Kinder zu mir und meiner Frau nach Berlin ziehen durften, war unbeschreiblich. Familie bedeutet mir alles. Und auch das sehr gute Examen war ein Meilenstein, den wir gemeinsam feiern konnten. Die Beschleunigung des Nachzugs und auch der Umzug in eine größere Wohnung haben mit viel Glück geklappt. Jetzt hatten wir wichtige Ziele erreicht, aber Friedhelm setzt immer wieder neue Ziele!“


Wie gestaltet ihr euren Kontakt heute?

Friedhelm: „Wir treffen uns immer noch regelmäßig, einmal pro Woche. Denn inzwischen unterrichte ich seine drei ältesten Kinder, die in der Schule sind. Deutsch, Rechnen, Englisch, Ethik gehe ich mit ihnen durch, von 15 Uhr bis etwa 21 Uhr abends bin ich in der Familie, Abendessen inbegriffen. Ich bin fast ein Teil von ihr geworden, sie gehören zu meinem Leben, und ich zu ihrem. Wir kennen unsere Familien, Freunde, laden uns zu Geburtstagen ein. Wir haben über das Ehrenamt hinaus eine tiefe Freundschaft entwickelt“.

Leopold: „Er ist mehr als ein Freund. Er kennt mich komplett. Wir freuen uns jedes Mal aufeinander. Wir haben Glück!“