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06.10.2020 / Menschen in Schöneberg

Stein des Anstoßes

Von Ottmar Fischer. Nicht nur Gottes Mühlen mahlen langsam, wie es ein altes Sprichwort besagt - die Verwaltung kann mithalten. Als die BVV vor fünf Jahren nach bereits jahrelangen Auseinandersetzungen endlich beschloss, auf dem Breslauer Platz mithilfe der Stilllegung der Lauterstraße eine Fußgängerzone einzurichten, ahnte wohl niemand, dass auch im September 2020 noch keine Umsetzung erfolgt sein würde.
Foto: Thomas Thieme

Mal wurde zur Entschuldigung auf die Langwierigkeit des vorgeschriebenen Verwaltungsverfahrens verwiesen, mal auf den grassierenden Personalmangel in der Fachverwaltung. Auch ständig erneuerte Beschleunigungsanträge der SPD vermochten bislang keine Abhilfe zu schaffen.

Die Bürgerinitiative Breslauer Platz, die sich seit nunmehr zehn Jahren um die Verbesserung der Aufenthaltsqualität auf dem Platz bemüht und zu deren Anliegen von Anfang an auch die Stilllegung der Lauterstraße gehörte, hat aber noch eine weitere Mühle der Langsamkeit im Verwaltungshandeln feststellen müssen. Und das auch nicht erst seit gestern. Vielmehr hat sie in ständig wiederholten Hinweisen auf die Mangelhaftigkeit der Bauausführung bei der in den Jahren 2014/15 durchgeführten Pflasterung aufmerksam gemacht. So auch wieder vor gut einem Jahr bei einer gemeinsamen Begehung des Platzes von Mitgliedern der BI mit der zuständigen Stadträtin Heiß (Grüne). Danach kam es zwar zu einer behelfsmäßigen Ausbesserung der augenfälligsten Schäden. Doch geraten nach wie vor die Steine aus den Fugen und bilden an zahlreichen Stellen eine ständige Gefahrenquelle für Fußgänger, weil der Mörtel den Belastungen durch Marktverkehr und Regenwasser nicht standhält und die Steine in den ausgehöhlten Fugen keinen ausreichenden Halt mehr finden.

In Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Reinhard Frede (FDP), der selbst auch Mitglied der BI ist, teilte Stadträtin Heiß im August mit, dass die Pflasterschäden „auf der damaligen Zeitvorgabe basieren, die die Ausführung der Pflasterarbeiten im Winterhalbjahr nötig machte.“ Die zwischenzeitlich erfolgten Reparaturarbeiten, die keine grundlegende Verbesserung der Lage herbeiführen konnten, hätten aber ein besonderes Umsetzungsproblem: „Im Zuge der Unterhaltung ist es den ausführenden  Firmen nur möglich, mittels Schnellbinder, Blitz-Zement, selbst angerührtem Zementmörtel oder auch im Notfall mittels Kalkmörtel relativ schnell Kleinst-Reparaturen auszuführen.“ Doch werden die aufgetretenen Probleme dadurch nun mal nicht gelöst, wie sich gezeigt hat. Am 15. August ist auf dem Platz eine ältere Dame über einen aus der Fläche herausragenden Stein so unglücklich gestürzt, dass sie mit einem beidseitigen Armbruch ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

Es stellt sich also die Frage, wie die unhaltbare Situation nachhaltig bereinigt werden kann. Dazu Stadträtin Heiß in ihrer Beantwortung der Kleinen Anfrage: „Aus Sicht des Fachbereichs Straßen ist es erforderlich, die Flächen grundhaft zu erneuern:“ Und ein entsprechender Antrag der SPD zur sofortigen Mängelbeseitigung ist von der BVV auch bereits beschlossen worden. Aber wenn nach so kurzer Zeit bereits eine grundlegende Erneuerung nötig wird, stellt sich ja wohl die weitere Frage, ob hier nicht eine mangelhafte Bauausführung zugrunde liegt. Zwar wird das von Stadträtin Heiß in ihrer Beantwortung der Kleinen Anfrage bestritten, und zudem sei auch die Gewährleistungspflicht der Baufirma bereits abgelaufen. Doch stellt sich damit an dieser Stelle noch eine dritte Frage, nämlich die, ob das Bezirksamt vor Ablauf der Gewährleistungspflicht überhaupt nochmal eine Überprüfung der Bauausführung und ihrer Folgen durchgeführt hat, zumal es ja die Hinweise auf Schäden von der BI rechtzeitig gegeben hat. Hierzu hat Jo Glässel, der nicht nur ebenfalls Mitglied der BI ist, sondern von Berufs wegen auch Architekt, eine fachmännisch klare Meinung:
„Bedauerlich ist, dass die ursprünglich von der BI vorgeschlagene Größe der Pflastersteine von 20x 20cm abgelehnt wurde, die im Übrigen im Vorschlag der BI fugenlos hätten verlegt werden sollen. Noch bedauerlicher ist, dass das Bezirksamt die verantwortlich ausführende Baufirma mit einer Mängelanzeige nicht zur Schadensaufklärung und Schadensbehebung aufgefordert hat, um dadurch vorsorglich erst einmal den Ablauf der Gewährleistungspflicht auszusetzen. Bei Bauprojekten ist es üblich, einen Gewährleistungskalender zu führen, so-dass spätestens vier Wochen vor Ablauf der Gewährleistungspflicht die Bauqualität nochmals überprüft und Mängel angemahnt werden können. Dieses Kontroll-Management ist hier offenbar versäumt worden.“

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