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25.01.2011 / Migration

Nisreen Matuk unterrichtet Deutsch für Migrantinnen – ihr abenteuerliches Hobby heißt „Lesen im Bett“

Die Club-Kultur in Berlin ist legendär. Aber wer weiß, wie „Der Club“ auf arabisch heißt? Die scheinbar knifflige Frage können zahlreiche Mitbürger leicht beantworten: „Al Nadi“.
Nisreen Matuk

Denn für Frauen aus dem gesamten arabischsprachigen Raum ist dieser Ort in der Moselstraße ein besonderer Anlaufpunkt. Hier gibt es vielfältige Beratungsangebote, Infos und fundierte Deutsch- und Alphabetisierungskurse – eine vitale und spezielle Club-Kultur.

Nisreen Matuk ist eine der engagierten Kursleiterinnen, die Alphabetisierungskurse der Volkshochschule (VHS) Tempelhof-Schöneberg bei „Al Nadi“ leitet. Im Irak, in Bagdad, wurde sie geboren und schloss dort 1976 ihr Studium im Fach Deutsche Philologie ab. Und dann begann das Abenteuer, das sie heute knapp mit „Deutschland war mein Schicksal“ beschreibt.

Fünf Frauen reisten 1976 im Studenten-Austausch vom Irak nach Greifswald, „´ne Menge Dollar in den Taschen“. „Aber“, so Nisreen Matuk, „keiner er-wähnte, dass es eine Mauer in Berlin gibt“. Als sie am Bahnhof Friedrichstraße in den Westen wollten, wurde das Geld beschlagnahmt. So fuhren sie nach Schlachtensee und Nisreen Matuk traf dort den Mann, den sie 1978 geheiratet hat. Im Wintersemester schrieb sie sich an der Freien Universität für ein Aufbaustudium im Fachbereich Deutsche Philologie ein. 1981 kam die gemeinsame Tochter zur Welt.

Die deutsche Staatsbürgerschaft bekam Nisreen Matuk 1992. Ehrenamtlich unterrichtete sie da-nach arabische Frauen beim Deutschen Roten Kreuz in Deutsch, war dann im „Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V.“ tätig. Sie hat unter anderem Deutschkurse für türkische Frauen und arabische Eltern mit Kindern gegeben und als Deutsch-Arabisch-Übersetzerin gearbeitet.

Seit 1996 leitet Nisreen Matuk in der VHS Deutschkurse im Bereich Alphabetisierung. Die Kurse bauen stufenweise aufeinander auf, Ziel ist der Deutschtest für Zuwanderer. „Anfangs musste ich kämpfen“, sagt sie. Denn einige Teilnehmerinnen schämten sich, weil sie noch nicht lesen und schreiben konnten. Bei anderen waren die Männer dagegen, dass ihre Frauen in einen Deutschkurs gingen.

Viele der Migrantinnen – ob aus dem Irak, dem Libanon, aus Syrien, Marokko, Tunesien oder anderen arabischsprachigen Ländern – kommen aus unteren Bildungsschichten. Einige Frauen melden sich aus freien Stücken für den Deutschkurs, haben von Freundinnen oder Bekannten  von diesem Angebot erfahren, andere schickt das Jobcenter. Doch ist die Hemmschwelle überwunden, „sind wir wie eine Familie“, ermutigt die Kursleiterin.

Im Unterricht und danach werden natürlich auch Alltags-Themen diskutiert: Schule und Kita der Kinder beispielsweise, oder der Umgang mit der deutschen Gesellschaft. „Dies ist mir sehr wichtig“, betont Nisreen Matuk. Was sie selbst am liebsten nach dem Unterricht macht, ist unschwer zu erraten: Lesen. Sie gesteht: „Ohne Buch kann ich gar nicht einschlafen“.

Sabine Henkel

Deutsch Vorkurs und A1.1 - Alpha III:
Für Teilnehmerinnen, die das lateinische Alphabet noch üben. Der nächste Kurs (TS71.M12B) beginnt am 23.3.2011,
Di/Do 9.30-12.45 Uhr
im Al Nadi, Moselstr. 3

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