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02.03.2021 / Gewerbe im Kiez

Hörnerklang bei der Fehlerjagd

Von Ottmar Fischer. Wie in der letzten BVV-Sitzung des vergangenen Jahres von Baustadtrat Oltmann (Grüne) angekündigt, fand am 16. Februar per Video eine von ihm organisierte Informationsveranstaltung zum aktuellen Planungsstand in der Sache Industriedenkmal Gasometer statt.
Foto: Visioalisierung des ausgebauten Gasometers © Euref-Consulting GmbH

Über 120 Interessierte hatten sich eingeschaltet, um nach den Erläuterungen des Baustadtrats, des Bauherrn Müller vom Euref-Campus und des BI-Sprechers Zerger auch die unter der Leitung des Superintendenten Raddatz vom Evangelischen Kirchenkreis sich anschließende Diskussion zu verfolgen.

Dabei ergab sich ein klareres Bild als in der BVV-Sitzung insofern, als nunmehr auch die Fronten im politischen Meinungskampf geklärt werden konnten. Denn war es in der BVV-Debatte vor allem um die Frage gegangen, ob das Bezirksamts-Mitglied Heiß (Grüne) sich gegen die inhaltliche Beschlusslage des Kollegiums auf der Unterschriftenliste eines Offenen Briefes der BI Gasometer an den Denkmalpfleger entgegengesetzt positionieren darf, ging es nun um die Angemessenheit des umstrittenen Innenausbaus selbst.

Zur Klärung trug gleich zu Beginn der zweistündigen Veranstaltung wesentlich bei, dass Stadtrat Oltmann die Vorgaben des Denkmalschutzgesetzes erläuterte. Danach hat die mit einem Vorhaben befasste Behörde darauf zu achten, dass ein Denkmal durch geeignete Maßnahmen erhalten werden kann. Und weil Maßnahmen Geld kosten, sind solche Vorhaben zu ermöglichen, die durch die Art der vorgesehen Nutzung auch die Mittel für die Pflege des Denkmals erwirtschaften können. Und das sei durch die Art des geplanten Innenausbaus gegeben (Näheres dazu auf der Euref-Website). Außerdem werde dadurch das Denkmal in seiner Wirkung nicht beeinträchtigt, denn der Zweck des jetzt noch bestehenden Stahlgerüstes sei schließlich einmal die Sicherung eines anderen Innenausbaus gewesen, nämlich des einstigen Gasdruckbehälters. Dahinter habe der von der Gasometer-BI geltend gemachte Anspruch auf eine ästhetisch ansprechende Wohnumfeld-Kulisse zurückzutreten. Im Verlauf der Diskussion meldeten sich auch Nina Freund von den Schöneberger Grünen und Bertram von Boxberg von der Fraktion der Grünen in der BVV zu Wort, die beide übereinstimmend erklärten, dass ihre Partei hinter dem Innenausbau stehe. Da zudem BI-Sprecher Zerger erklärte, die neue Gasometer-BI sei nicht mit der alten Bürgerinitiative zu verwechseln, wurde somit auf indirektem Wege zugleich geklärt, dass die private Meinung von Stadträtin Heiß in dieser Frage nicht mit der Haltung ihrer Partei übereinstimmt.

Und sonst was Neues?
In der gleich am nächsten Tag stattgehabten Februarsitzung der BVV, deren Dauer mit amtsärztlicher Genehmigung auf drei Stunden mit Pausenunterbrechung festgelegt worden war, geriet Stadtrat Oltmann bei einem anderen Thema in sportliche Bedrängnis: In einer Mündlichen Anfrage wollte Manuela Harling (SPD) wissen, wer dafür verantwortlich ist, dass während des jüngsten Wintereinbruchs der Überweg zum Rathaus an der Martin-Luther-Straße nicht ordentlich beräumt und gestreut worden ist. In seiner Antwort berichtete Oltmann zunächst den Eingang von 93 Beschwerden insgesamt, davon allein 73 die Gehwege betreffend. Nach seiner Aussage wurde in allen Fällen den Beschwerden vor Ort nachgegangen, und überall dort, wo bei Ankunft noch keine Beräumung erfolgt war, sei den beauftragten Firmen sofort entsprechende Weisung erteilt worden. Allein beim Rathaus-Überweg sei aber trotz Aufforderung an den beauftragten Winterdienst keine Beräumung vorgenommen worden. Deswegen sei am Montag, 8.2., eine umfangreiche Beräumung durch eigene Verwaltungskräfte erfolgt, der am nächsten Tag noch eine Nachbesserung folgte. Die Fragestellerin Harling blieb jedoch hartnäckig und bemängelte weitere Auffälligkeiten, woraufhin der herausgeforderte Stadtrat erklärte, vielleicht habe es bei den eigenen Kräften noch an einigen Stellen an der nötigen Sensibilität gefehlt, er bitte dafür um Nachsicht: „Wir gehen der Sache nach.“

Einen seltenen Triumph konnte dagegen Stadträtin Heiß (Grüne) bei ihrer Beantwortung der Mündlichen Anfrage von André Stammen (FDP) auskosten: Der wollte nämlich wissen, warum es im Bezirk keine Erfassung illegaler Sperrmüllablagerungen und keine Bußgelderhebung gebe, doch musste er sich dahingehend aufklären lassen, dass diese Annahmen unzutreffend seien und offenbar auf der „schlechten Recherche“ des Tagesspiegel-Checkpoints beruhten, der dies kürzlich im Rahmen eines Bezirksvergleichs gemeldet hatte. Wahr sei vielmehr, dass alle gemeldeten Vorfälle erfasst würden, doch seien sie hinsichtlich der Täterschaft nur schwer aufzuklären, weil sie vor allem in den Nacht- und Morgenstunden an entlegenen Stellen erfolgten. Deswegen prüfe das Bezirksamt zur Zeit die Beauftragung einer privaten Sicherheitsfirma zur nächtlichen Kontrolle der bekannt gewordenen Hotspots.

Stadtrat Schworck (SPD) wiederum hat in Sebastian Richter (AfD) einen aufmerksamen Beobachter seines Führungsverhaltens gefunden. Nicht nur plagt der ihn mit ständigen Befragungen zu der anhaltenden Unterversorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen des pandemiegestressten Gesundheitsamts, wozu er sich als Arzt fachlich aufgerufen fühlt, sondern gern auch mit Fragen zu den ausufernden Kosten  des seit über zwei Jahren nicht gelingenden Versuchs, das seit langem beendete Mietverhältnis des Potse e.V. für das autonome Jugendprojekt in der Potsdamer Straße 180 auch faktisch zu beenden, was momentan noch immer durch eine „Besetzung“ des Objekts durch Aktivisten verhindert wird. Inzwischen wurde aber gerichtlich geklärt, dass zwangsgeräumt werden darf, weswegen die Räumung unmittelbar bevorsteht. In seiner Antwort auf die Mündliche Anfrage gab Stadtrat Schworck bekannt, dass bislang Kosten in Höhe von sage und schreibe 286.137,67 Euro entstanden sind. Und da bei einer möglichen Zahlungsunfähigkeit des Vereins weitere Kosten für die Übernahme der durch die „Besetzung“ entstandenen Mietforderungen entstehen können, wird die Belastung für den Bezirk möglicherweise sogar die halbe Million übertreffen. Was für ein schönes Haus der Jugend hätte man dafür schaffen können!

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